14. Der neue Bahnhof setzt Zeichen
Mit dem Entwurf des Architekten Christoph Ingenhoven setzt die Bahn ein markantes Zeichen in der Landeshauptstadt. Der Tiefbahnhof mit seiner außergewöhnlichen Form und seiner mit Tageslicht durchfluteten Bahnsteighalle ist bisher einzigartig in der Architekturgeschichte. Der weithin sichtbare Bonatzbau bleibt mit dem Bahnhof verbunden.
Kommentierung:
Der Tiefbahnhof ist zwar sehr originell erdacht und hypermodern, aber nicht „markant“, diese Bewertung trifft genau auf den Bonatz-Bahnhof zu, der wirklich einzigartig in der Architekturgeschichte ist und in kaum einem Handbuch der Architektur fehlt. Dieser weltberühmte Bahnhof wird zur Fassade, ausgenommen wie eine Gans (Haupttreppe und Kopfbahnsteighallen-Ebene) und zum großen Teil abgerissen.
Die grandiose Kopfbahnsteighalle wird in ihrer Funktion durch die „Verteilerebene“ des Tiefbahnhofs ersetzt, erdrückend niedrig und mit dicken Säulen vollgestellt (Visualisierung).
Die „Verteilerbebene“ hat etwa die Höhe der bedrückenden Klettpassage!
Eine interessante Umkehrung des Märchens vom Rumpelstilzchen und der schönen Müllerin: Rumpelstilzchen spinnt Stroh zu Gold, die Tiefbahnhofprojektoren spinnen auch: aus Gold wird Stroh.
Alle Beschönigungen wie Bäume auf dem Betondach oder Miniaturzüge auf den Gleisen können nicht über die Schwächen des „Straßburger Platzes“ und dem darunterliegenden Engpass Durchgangsbahnhof hinweg täuschen.
Die Planänderung mit den 8 Fluchtreppenhäusern u.a. (1014/15) zerstört deutlich die (Beton-)preisgekrönte Architektur.
Die Fotostrecke in SPIEGEL-ONLINE zeigt die vorgetäuschte schöne neue Bahnhofswelt. Die Großbäume im Hintergrund, links am Bahnhof und vorne links (über dem Eingang!) stehen auf Beton und sind rein optische Fiktionen, in der Bahnhofshalle fehlt die Verteilerebene, es wird eine durchgehend hohe Halle vorgetäuscht.
unten: ohne Verteilerebenen und Abgänge, maßstäblich verzerrt
unten: wo wurzeln die Bäume?
unten: Baumstaffagen täuschen darüber weg dass im Vordergrund ein alter Park vernichtet wird
abschreckende Zukunftsvision
Was soll auf dem Bahnhofsdach, Straßburger Platz genannt, passieren? Wird das nicht eine Architektur-Ödnis, die für eine Belebung nicht taugt, wie heute schon das Bankenviertel auf A1?
Die heute gezeigten Architekturfotos und Modelle sind zudem nur vorläufig. Bereits jetzt wird „abgespeckt“. Wie der Tiefbahnhof später tatsächlich aussehen wird, dazu sagte der letzte Bahnchef Mehdorn nur „mal sehen“. Der jetzige Bahnchef möchte der Kosten wegen "optimieren", also verbessern, verfeinern, vertiefen, fördern, aufwerten, veredeln… , wird es aber in Wirklichkeit dann nicht verkleinern, vereinfachen, verflachen, abwerten, verschlechtern, verbilligen?
Prof. Bodack am 18.7.09 in der StZ, Leserkommentar: „Das Schlimmste: Der neue Bahnhof wird schlechter sein als der jetzige, da er wegen nicht kreuzungsfreier Zufahrten und verringerter Bahnsteigkapazität Bahnbetrieb, Zuganschlüsse und Umsteigen erheblich erschweren wird.“
Wie groß ist der Flächenverbrauch im Schlossgarten inklusive Busbahnhof/Cannstatter Straße? Wegen eines sanften Übergangs zum bis zu 8 Meter hohen Bahnhofsdach dürfte er von der Schillerstraße bis in die Nähe des Biergartens reichen. Wie steht es mit dann der Flächenbilanz „mehr Grün“ (Grund Nr. 16)? Was man sehr gern erfahren würde: Was zahlt die Bahn pro Quadratmeter - verglichen mit dem Filetstück A1?
Wirkt der Bahnhof - zusammen mit dem Rumpf-Bonatz-Bau - nicht wie ein Riegel zwischen den Stadtteilen Stuttgart-Alt und Stuttgart-Neu?