Steffen Siegel
(Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder)*
Panoramastr.64/1
73765 Neuhausen
T:07158/5850
Frank Distel T: 0171/9597273
(im Vorstand der Schutzgemeinschaft Filder)* Neuhausen, 07.12.2014
Herrn Vorstandsvorsitzenden
Dr. Rüdiger Grube
c/o Deutsche Bahn AG
Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin
Ein bescheidener Vorschlag, wie man die angekündigten Einschränkungen im Fernverkehr vermeiden könnte.
Sehr geehrter Herr Dr. Grube,
die Pressemeldungen der letzten Tage lassen entsetzt aufhorchen! Anstelle von Angebotsverbesserungen im Konkurrenzkampf gegen Fernbusunternehmen planen Sie offenbar Verschlechterungen in Form von Ausdünnen der Angebote im Fern- und Nachtzugverkehr. Sollten die Gerüchte zutreffen, wären diese ein weiteres Ärgernis,
Der Co-Unterzeichner nutzt die Bahn auf Fernstrecken wöchentlich – und könnte angesichts der Zustände ein Buch über die DB AG schreiben, welches nur einen einzigen Titel zuließe: SCHWARZBUCH!
- Kein ICE und vor allem IC, an dem nicht mindestens eine Tür defekt ist;
- ausgefallene bzw. total verdreckte WCs sind an der Tagesordnung, mehrfach innerhalb eines Zuges! Zuweilen hatten – mehrfach erlebt - vollbesetzte ICEs keine einzige funktionierende Toilette mehr in Bord!
- Defekte Klimaanlagen in fast jedem ICE in mindestens einem Wagen,
- teilweise unzumutbar verschmutzte Sitze;
- fortwährend umgekehrt gereihte Züge, sodass Orientierungen nach Wagennummer fast unmöglich sind (das gibt es innerhalb Europas nur in Deutschland!);
- überforderte, verständlicherweise gestresste Zugbegleiter – die „an der Front“ den berechtigten Zorn der Fahrgäste abbekommen und am Wenigsten für die Miseren können;
- Verspätungen in einem solchermaßen zunehmenden Umfang, dass Bahnfahrten zu Terminen fast unmöglich sind, namentlich, wenn umgestiegen werden muss. Pünktlich am Ziel anzukommen grenzt fast schon an Zufall!
Die Deutsche Bahn hat unter Ihrem hierfür hauptverantwortlichen Vorgänger wegen dessen Börsenmanie Wagenpark und Schienennetz auf ganzer Linie kaputtgespart, was Sie dann später veranlasst hat, vom Bund, also uns allen, den Steuerzahlern, Sondermittel zur Sanierung des Schienennetzes und der maroden Kunstbauwerke zu verlangen. Das ist empörend!
Wir haben einen Vorschlag für Sie, welcher unser eigentliches Anliegen ist: beenden Sie ENDLICH dieses fehlgeplante Pannen- und Katastrophenprojekt namens „Stuttgart 21“, das am Ende vermutlich 10 Milliarden kosten wird. Demgegenüber wäre – selbst heute noch – eine Sanierung und Modernisierung des Kopfbahnhofs, des genialen, sog. „Tunnelgebirges“ und die Verbesserung der Zuläufe für großzügig geschätzte 3,5 Milliarden möglich, und zwar einschließlich aller Rückbaukosten und sogar einschließlich der Rückabwicklung des – auch rechtlich mehr als fragwürdigen - Grundstücksgeschäfts mit der Stadt Stuttgart, über dessen Anrechnung man bei einem Stopp von S21 noch trefflich streiten könnte!
Der eigentliche Skandal bei Stuttgart 21 ist, dass Sie und Ihre Fachleute (soweit sie Ihnen noch nicht – wie jüngst – davongelaufen sind) ganz genau wissen, was Sie hier mit dem längst erwiesenen Rückbau der Bahninfrastruktur für einen Unfug vorantreiben. Der Finanzierungsvertrag vom April 2009 ist nach der Kostenexplosion Ende 2012 längst obsolet – und das ist Ihnen durchaus gegenwärtig!
Herr Dr. Grube, Sie und Ihr Technikvorstand handeln also mit dem Weiterbau von S21, den Sie allerspätestens Ende 2012 hätten stoppen müssen, wider besseres Wissen!
Sie hätten nach einer längst überfälligen Vernunftwende hin zum guten alten Kopfbahnhof – einen der besten Bahnhöfe Deutschlands übrigens - gut und gerne 6 Milliarden € zur Verfügung, um Ihre Schienen, Brücken, Tunnels und das rollende Material ein für alle Mal in einen akzeptablen Zustand zu versetzen, ohne dem Steuerzahler via Bund in die Tasche zu greifen.
Vorbilder mit buchstäblich vorbildlichem Netz und Zugmaterial: SBB und ÖBB!
Vermutlich hätten Sie sogar Mittel übrig, um die Fahrpreise zu senken und WIRKLICHE Sonderangebote zu machen – denn nur damit können Sie die Konkurrenz der Fernbusse wieder auf Abstand bringen. Alles andere ist Stückwerk; business as usual, wie leider seit langen Jahren bei der Deutschen Bahn AG.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Siegel gez. Frank Distel
Studiendirektor a.D. Dipl.-Ing., Bürgermeister i.R.
*) Die „Schutzgemeinschaft Filder e.V.“ gründete sich 1967 und ist damit die älteste, noch aktive Bürgerinitiative Deutschlands im Umweltbereich.